Mittwoch, 5. Juni 2013

Dark Love – Lia Habel

So gerne hätte ich 5 Sterne vergeben.

(Rezension vom 20. März 2012)

4 von 5 Sternen

Wirklich, bevor ich das Buch durch hatte, noch bevor ich überhaupt die Hälfte durch hatte, hätte ich dem Buch sofort 5 Sterne gegeben. Und ich würde es auch jetzt noch wirklich gern tun, aber leider sind letztendlich doch ein paar Dinge auffällig, die ich da einfach nicht ignorieren kann, auch wenn das nichts daran ändert, dass ich das Buch immer noch toll finde. Aber fangen wir mit dem Anfang an.
 
Der Prolog versetzt einen sofort ins Geschehen, man wird mitgerissen, hat die Angst förmlich vor Augen, kann sie spüren und leidet mit der Figur mit. Sofort spürt man das Unheil, das daraus brodelt.
Und dann fängt das erste Kapitel an, welches aus einer anderen Perspektive beginnt und noch rein gar nichts mit dem Prolog zu tun hat. Diese Perspektivenwechsel ziehen sich durch das gesamte Buch und es gibt insgesamt fünf davon. Anfangs hat mit das nicht sonderlich gestört, erst zum Ende hin war es ein bisschen nervig, da sich alles irgendwann gleich angehört hat und man dadurch immer wieder durcheinander gekommen ist, aus welcher Sicht man denn nun liest. Genau genommen hat das ab einem bestimmten Kapitel angefangen, wo sich die meisten der Perspektivenwechsler getroffen haben, und gedanklich – obwohl sie sich noch nie gesehen haben – die Handlungen der anderen mit deren Vornamen beschrieben haben, als würden sie sich bereits seit Jahren kennen. Das war irreführend, vor allem wenn man an die neuviktorianischen Verhaltensweisen denkt.

 
Und da kommen wir auch schon zu der Welt, die die Autorin geschaffen hat – und von der ich hellauf begeistert bin. Die Art und Weise wie man gleich zu Anfang erklärt bekommt, was geschichtlich alles in den letzten 200 Jahren passiert ist, wie sich die Welt neu geordnet und entwickelt hat, wird gut vorstellbar und kein bisschen langweilig erklärt. Im Gegenteil, man ist regelrecht fasziniert von den geschichtlichen Daten, vor allem, weil es sich wirklich so zutragen könnte. Interessant ist, dass sich die viktorianische Gesellschaftsform durchgesetzt hat, in der es vor allem um Etikette, Benehmen und Wohlstand geht, und in der es vor allem für die Frauen in den oberen Schichten nichts wichtigeres gibt, mittels Heirat einer guten Partie immer noch ein Stückchen weiter die gesellschaftlich-politische Leiter hinaufzuklettern (wer sich nichts darunter vorstellen kann, sollte an Filme wie “Sherlock Holmes” oder “Jane Austen” denken, das müsste dieser Zeitepoche ungefähr nahe kommen), um mehr Ansehen zu genießen. Das zusammengewürfelt mit technologischem Fortschritt ergibt ein recht unterhaltsames und faszinierendes neues Gesellschaftsbild.
Im krassen Gegensatz dazu stehen die (Steam-)Punks, die sich dem technologischen Fortschritt rebellisch entgegensetzen.

 
Was mir vor allem gefallen hat, ist der Schreibstil der Autorin, deren Sätze und Beschreibungen nicht zu kompliziert aber auch nicht zu simpel gehalten sind. Sie schafft es, durch ihre Schreibe die Atmosphäre der Zeit einzufangen und den Leser eintauchen zu lassen, wodurch selbst das Auftauchen der Zombies kein bisschen seltsam wirkt. Demnach ist die Übersetzung wirklich gelungen, nur bei ein paar Sätzen hatte ich das Gefühl, dass man den Witz nur im Englischen erkennt.
Die Ursache der Zombies wurde nachvollziehbar und logisch erklärt und gibt einem tatsächlich das Gefühl, dass das wirklich mal passieren könnte – betrachtet man mal unseren medizinischen Fortschritt und die damit zusammenhängende Entstehung neuer Krankheiten.
 
Was ich an dieser ungewöhnlichen Liebe zwischen den beiden Hauptcharakteren interessant finde, ist, dass man ständig vor Augen hat, wie zerbrechlich ihr Bund doch ist. Vor allem anfangs kam es mir unmöglich vor, weil ich bei dem Wort “Zombie” ständig das Gefühl hatte, dass ihn die kleinste Berührung zerfallen lassen könnte, dass seine Haut von den Knochen rutscht etc. Kein schöner Anblick, aber wer zu zimperlich ist, sollte das Buch eh nicht lesen. Diese Angst hat sich während des Lesens aber ein bisschen gelegt. Nicht ganz, aber genug, um mir die Entwicklung dieser Liebesbeziehung gut vorstellen zu können.
 
Apropos Liebe, kurz was zum Cover. Eigentlich toll gestaltet, auch wenn ich das Herz ein wenig kitschig und den Titel einfach unmöglich finde. Der ist einfach zu emolastig. Wenn die Verlage den englischen Titel schon ändern, dann in diesem Falle doch bitte lieber einen deutschen, als nur das Englische auszutauschen. Andernfalls hätten sie nämlich genauso gut den Originaltitel (“Dearly, Departed”) beibehalten können. Aber dafür kann das Buch ja nichts.
Gut gefallen haben mir auch einige der Wortwechsel zwischen einigen Personen, gab es doch viele Stellen, bei denen ich herzhaft auflachen musste.
 

Die Zombiefreunde des männlichen Hauptcharakters wirken typisch Teenie-Zombiehaft, wie Walt Disney sie vielleicht kreiieren würde, aber es wird nicht übertrieben dargestellt und wirkt immer noch glaubhaft. Es ist einfach die Tatsache, das alle guten Zombies dort trotz ihres Zerfalls ihre Menschlichkeit bewahren, dass das Ganze so abstakt wird (im guten Sinne).
 
Ein kleines Manko war die Entwicklung, oder eben Nicht-Entwicklung einiger Nebencharaktere. Noras Vater zum Beispiel. Meinetwegen kann er ein herzensguter Mensch sein, doch leider wurde das im Buch für meinen Geschmack doch leicht übertrieben, sodass er fast schon wie eine Art leuchtender Messias wirkte. Ansonsten ist mir die fehlende Tiefe der Charaktere vor allem bei den Bösewichten aufgefallen, welche von der Autorin doch wirklich ein bisschen zu naiv dargestellt wurden. Auch jeder Bösewicht hat seine Ecken und Kanten und kann nicht einfach in einer der Schwarz-Weiß-Kategorien gesteckt werden. Denn ganz ehrlich, jemand kann noch so schlecht sein, aber welcher Bösewicht erklärt seinen Plan auch noch ausführlich, wenn sein Leben gerade auf Messers Schneide steht (selbst wenn das nicht mal der Fall ist)? Da kann er noch so stolz auf sich und seine Idee gewesen sein. Natürlich hatte dieser Chara auch seine guten Momente, die ich hier allerdings nicht näher erklären kann, ohne zu spoilern.
 

Ähnlich ging es mir auch mit einem der Randcharaktere, dessen Absichten anfangs zwar deutlich waren, bei dem ich am Ende aber davon ausgegangen war, dass er sich aufgrund der Situationen geändert hätte. Und dann war das doch nicht der Fall und er erklärt sich auch noch auf eine Weise, die ihn wirken lässt, als könne man die Menschen allesamt tatsächlich in Schwarz und Weiß aufteilen.
 
Alles in allem sind es trotzdem nur wenige Dinge, die mich ein bisschen gestört haben und über die man letztendlich hinwegsehen kann, der Rest des Buches hat das alles wieder wett gemacht.
Grob gesehen war das Ende von Anfang an deutlich, auch wenn man nicht weiß, auf welche Weise es passiert, aber die unheilschwangere Atmosphäre zieht sich eben durchs gesamte Buch. Mit ein paar Dingen hatte ich dennoch nicht gerechnet, die im Endeffekt aber durchaus logisch sind, denn der Mensch ist einfach unverbesserlich.
 
Im Großen und Ganzen bin ich immer noch begeistert von diesem Buch und würde es wieder lesen. Witzigerweise, wenn ich das Buch mit etwas anderem vergleichen sollte, würden mir auf Anhieb Resident Evil, Nightmare Before Christmas und Sucker Punch dazu einfallen. Irgendwie hat es von allem ein bisschen.
 
Teil 2 kommt im Englsichen bereits dieses Jahr im Spetember, also wird der deutsche hoffentlich auch nicht allzu lang auf sich warten lassen :’)

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