Es war eine wahre Freude, jede weitere Seite umzublättern.
(Rezension vom 24. März 2013)
5 von 5 Sternen
Nachdem ich Ice – Hüter des Nordens
von Sarah Beth Durst gelesen hatte und es mich doch eher wenig
begeistern konnte, war ich skeptisch, ob ich noch ein weiteres von ihr
lesen soll. Als ich mir die Zusammenfassung von “Vessel” durchgelesen
hatte, war ich aber so neugierig auf die Geschichte, dass ich der
Autorin einfach noch eine Chance geben musste. Und siehe da, sie hat
mich wirklich in keinster Weise enttäuscht!
INHALT
Liyana ist die Vessel ihres Clans, der in der Wüste lebt. Sie ist dazu
bestimmt, ihren Körper als Behältnis für die Seele ihrer Göttin zu
opfern, damit diese ihrem Clan die nächsten hundert Jahre Wohlstand und
das Überleben sichern kann. Als das Ritual aber scheitert, wird Liyana
dafür verantwortlich gemacht und allein in der Wüste zum Sterben zurück
gelassen. Dem Ende und der Verzweiflung nahe, trifft sie auf Korbyn. Er
stellt sich als der Trickster-Gott vor. Er hat also bereits erfolgreich
seinen Platz in seiner Vessel eingenommen. Er erzählt ihr, dass ihre
Göttin als auch andere Götter von anderen Wüstenclans verschwunden und
wahrscheinlich entführt worden sind. Er überredet sie, ihm dabei zu
helfen, die Vesseln der anderen Clans zu retten, bevor diese ebenfalls
von ihren Clans verbannt werden oder gar Schlimmeres passiert. Während
ihrer gemeinsamen Reise muss Liyana sich immer wieder selbst davon
überzeugen, dass es ihr Schicksal ist, sich für ihre Göttin zu opfern
und ihrer Rettung so schnell wie möglich entgegenzukommen. Das allein
treibt sie an, obwohl sie sich eigentlich nicht sicher sein kann, ob sie
Korbyn trauen kann. Immerhin ist er der Gott, der bekannt ist für seine
Lügen und seine Tricks.
CHARAKTERE
In diesem Buch gibt es eine Vielzahl an Personen, die allesamt
unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Autorin schafft es, ihnen mit
jeder Zeile mehr Leben einzuhauchen. Die Charaktere formen sich, je
weiter die Reise durch die Wüste geht. Liyana ist eine starke, stolze
junge Heldin, die ihren Weg geht und niemals ihr Ziel aus den Augen
lässt. Im Laufe der Geschichte ist sie gezwungen, einige sehr wichtige
Entscheidungen zu treffen – sowohl für ihren Clan als auch für sich
selbst. Sie wird mit Konflikten konfrontiert, die sie so, wenn das
Ritual seinen normalen Gang genommen hätte, niemals kennengelernt hätte,
die sie aber letzten Endes souverän löst. Trotzdem erkennt man in
vielen kleinen Augenblicken, dass auch sie nur ein Mensch mit Schwächen
ist, der sich gern seinen Wünschen hingeben möchte. Man leidet mit ihr
mit und wünscht sich selbst nur das Beste für sie.Korbyn war mir vom ersten Wort an sympathisch. Seine ausgelassene, heitere, fast schon kindliche Art, die Weise wie Liyana ihn aus ihrer Sicht beschreibt, machen ihn zu einem angenehmen Gefährten, der, wenn aus drauf ankommt, auch seine Stärke und Entschlossenheit zeigen kann. Und dennoch, trotz der Tatsache, dass er ein Gott ist, hat auch er seine Ängste, die man nur allzu gut hinter seinen zahlreichen Geschichten und seiner Heiterkeit erkennen kann. Was mir an seinem Charakter eigentlich am meisten gefallen hat, ist, dass man wirklich bis zum Schluss nicht ganz genau weiß, wie er eigentlich denkt und was ihm wirklich wichtig ist. Man hat zwar seine Vermutungen, aber diese werden wirklich erst am Ende gelüftet. Sarah Beth Durst hat den Charakter dieser Person – passend zu seinem Spitznamen “Trickster” – über die gesamte Geschichte hinweg sehr gut verschleiert.
Auch all die anderen Charaktere wirken kein bisschen blass, sondern erstrahlen in ihren ganz eigenen Farben, selbst wenn einige von ihnen nur kleine Auftritte haben. Und die Bösewichte sind auch nicht durchweg böse, sondern zeigen auch ihre verschiedenen Seiten und dass jeder seine begründete Motivation für das hat, was er tut. Es ist ja bekanntlich immer derjenige der Böse, der auf der anderen Seite der Linie steht. Dabei konnte ich mir manchmal wirklich das Buch vor den Kopf knallen, weil eine gewisse Person so festgefahren in ihren Überzeugungen war, dass ich sie am liebsten geschüttelt hätte. Diese Naivität zähle ich dem Buch als Pluspunkt an, denn die Person verhält sich eben so, weil sie es nicht besser weiß und diese Kurzsichtigkeit ist zur Abwechslung mal nachvollziehbar.
STORY/PLOT
Faszinierend bis ins letzte Detail. Vor allem hat man am Ende das
Gefühl, dem Höhepunkt und dem Finale einer Ära beigewohnt zu haben. Die
Handlung schreitet logisch voran und die ganze Kultur und Zivilisation
wird in so vielen Details Schritt für Schritt erklärt, dass man fast
denken könnte, sie existiert mit all ihren Mythen und Legenden wirklich.
Was ich auch sehr toll fand, war dass man wirklich bis zum Schluss
nicht erahnen konnte, wie es endet. Das macht einen als Leser fast
wahnsinnig und man mag kaum das Buch aus den Händen legen. Gleichzeitig
ging es mir aber so, dass ich mich selbst dann doch ab und zu dazu
zwingen musste, weil ich Angst hatte, das Buch zu schnell durch zu haben
und Liyana und Korbyn zu schnell zu verlassen. Ich hab mich in ihrer
Welt und ihrer Gesellschaft richtig wohl gefühlt und hab mit Genuss
jeden Schritt ihrer Reise beigewohnt. Umso ängstlicher wurde ich dann
beim Lesen, als ich die erste Hälfte des Buches plötzlich schon hinter
mich gelassen hatte.Die Dialoge sind… ja, kann ich gar nicht so richtig beschreiben. Ich würde sagen, sie passen sehr gut zur Story und sind ihren jeweiligen Charakteren angepasst. Bei Gesprächen in Gruppen wurde mit Bedacht gewählt, wer was sagt. Es wirkt keineswegs so, als würde die Autorin kurz jedem einen Kommentar zuwerfen, damit alle mal zu Wort kommen, ganz im Gegenteil. Würde ich die Sprache beschreiben, würde ich sagen, sie ist irgendwie poetisch, teilweise mit Stolz gefüllt und trotzdem hin und wieder witzig und frech, ohne dabei auszuarten.
Außerdem macht das Buch auch vor Schicksalen keinen Halt und man muss manchmal wirklich Angst haben, das einer der liebgewonnenen Charaktere der nächste sein könnte. Ich war anfangs sogar fast soweit, dem Buch nur 4 Sterne zu geben. Es gab einige… ~Hindernisse, deren Lösung ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte und auf die ich eigentlich mit am meisten gespannt war. Wie diese Lösungen letztendlich aussahen, hatte sich dann nicht ganz mit meinen persönlichen Wünschen vertragen. Allerdings muss ich dennoch gestehen, dass sie so, wie sie sind, am besten und plausiblesten zum Buch passen. Deshalb eben doch 5 Sterne.
FAZIT
Eine gelungene Abwechslung zu den anderen Büchern, die ich davor gelesen habe. Es war eine wahre Freude, jede weitere Seite dieses Buches umzublättern. Ich würde fast sagen, ein Pageturner, aber der Ausdruck gefällt mir für dieses Buch irgendwie nicht. Hier ist es nämlich nicht so, dass man so schnell wie möglich liest, um zum nächsten großen, spannenden Ereignis zu kommen. Stattdessen fliegen die Seiten einfach so dahin, in einem gleichmäßigen Rhythmus, weil es einfach keine langweiligen Passagen gibt.Außerdem hat mich schon lange kein Buch mehr zu Tränen gerührt (teilweise gab es Szenen, in denen die Verzweiflung und Resignation einer Person so deutlich waren, dass man das Gefühl hatte, man könnte die Trauer darüber förmlich greifen) und ich kann es nur jedem ans Herz legen, der diese Art Fantasy mit einem Hauch Romantik mag.
Edit:
Das mit dem Kurzfassen klappt auch nicht mehr…
Sprache: Englisch
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